Pâte à choux – Brandteig (für Eclairs)

Ich habe mich vor einigen Jahren mal an Brandteig herangewagt und nach dem Misserfolg (die Gebäckstücke waren mir nach dem Backen zusammengefallen und der Geschmack war wenig überzeugend) von weiteren Versuchen abgesehen. Welches Rezept ich damals verwendet habe, kann ich gar nicht mehr sagen, wahrscheinlich aus Kochen&Backen von Dr. Oetker oder aus dem StudentInnen Kochbuch von GU.
Was sich jetzt geändert hat? Nun, ich habe in der Zwischenzeit deutlich mehr Bücher, die über Brandteigrezepte verfügen, u.a. Kochkurs Desserts vom Teubner-Verlag und das zweibändige Mastering the Art of French Cooking von Julia Child und Simone Beck. Ich las immer wieder Rezepte zu Brandteig, wurde aber jedes Mal von der Erinnerung an den Misserfolg von weiteren Versuchen abgehalten. Im Deutschen klingt ja bereits der Name „Brandteig“ kompliziert und gefährlich. Man muss den Teig „kochen“ und „abbrennen“ – da scheint der Misserfolg ja vorprogrammiert.
Der Grund des plötzlichen Umdenkens ist mein kürzlicher Besuch bei Le Cordon Bleu Paris. Nachdem ich seit Jahren damit geliebäugelt habe, in dieser alten französischen Kochschule einen Kurs zu besuchen, habe ich die Idee nun endlich in die Tat umgesetzt. Der Kurs, der in meinen Zeitplan passte, hatte Le Secret des Éclairs zum Thema, an dem betreffenden Tag mit Geschmacksrichtung Gianduja. Ich habe nicht im Traum daran gedacht, dass passieren würde was passiert ist: mir wurde in knapp 3 Stunden mehr beigebracht, als ich mir vorstellen konnte, an einem ganzen Tag zu lernen. Es ist wie so häufig: aus einer vorher sehr kompliziert wirkenden Prozedur ist plötzlich etwas Gelingsicheres geworden. Julia Child hat mit der Aussage in ihrem Buch recht: sobald man den Dreh mit dem Brandteig raus hat (und das ist mit der richtigen Anleitung nach wenigen Versuchen der Fall), geht die Zubereitung schnell und einfach von der Hand. Es ist allerdings wichtig, einige Regeln zu beachten, die ich bisher weder in gedruckter Form noch im Internet gelesen habe (und wenn, dann nicht in der benötigten Deutlichkeit).
Die meisten von mir gelesenen Rezepte verschweigen eine ganz wichtige Information: die benötigte Eimenge steht nicht fest, sie hängt auch nicht nur von der Eigröße ab, sondern eher von der bestehenden Teigfeuchtigkeit. Die Eimenge muss jeweils angepasst werden. Der Teig ist bei „zu viel Ei“ nicht mehr zu retten, deswegen Vorsicht mit großen Eiern.
Daneben habe ich im Nachgang des Kurses festgestellt, dass – im Gegensatz zu dem mir nun beigebrachten Rezept – die meisten modernen Brandteigrezepte in den deutschen Koch- und Backbüchern (und auch im deutschsprachigen Internet) sowohl nach Backpulver als auch nach Speisestärke verlangen. In französisch- und englischsprachigen Rezepten, aber in dem deutschen Schulkochbuch meiner Schwiegergroßmutter aus den 30er Jahren, sieht die Zutatenliste beides nicht vor. Den genauen Grund habe ich nicht herausgefunden. Eine mögliche Erklärung: bei Le Cordon Bleu haben wir den Teig im warmen Zustand verarbeitet, geformt und in den Backofen gebracht. Julia Child spricht davon, dass er warm verarbeitet werden muss oder wieder aufgewärmt, falls er zwischenzeitlich gekühlt oder gefroren aufbewahrt wurde. In den deutschen Rezepten wird das Backpulver meist in den kalten Teig gegeben mit der Information, dass es sonst nicht wirkt.
Das in den Kochbüchern (und auch vielen Internetquellen) häufig verlangte unmittelbare Aufschneiden der heißen Gebäckstücke mittels Schere scheint in der Cordon Bleu aktuell kein Thema (mehr?) zu sein. Eine mögliche Erklärung ist, dass in diesem modernen Rezept eine deutlich niedrigere Temperatur und längere Backzeit verlangt wird als zum Beispiel bei Julia Child (sie verlangt in ihrem Buch 425°F also etwa 208°C und spricht von nur 20 Minuten Backzeit bei kleinen Windbeuteln). Das helle Eclair in meinem Titelbild hatte zu Testzwecken bereits mehr als 24 Stunden Aufbewahrung (nach Abkühlen im Plastikbeutel) hinter sich: zu diesem Zeitpunkt war die Kruste zwar nicht mehr ganz so knusprig, die Form war aber – wie zu sehen – weiterhin perfekt und innen war kaum Feuchtigkeit nachzuweisen. Auch der Geschmack war am Folgetag weiterhin gut.
In dem Rezept, dass wir in Paris gebacken haben, befindet sich Kakao im Teig. Die Bitterkeit des Kakaos macht sie meines Erachtens herzhafter, so dass sich diese Eclairs auch gut für herzhafte Füllungen zu eignen scheinen. Ein echtes „Grundrezept“ ist natürlich ohne Kakao.
Ich habe nahezu überall gelesen, dass Brandteig keine Umluft verträgt. Im Gegensatz dazu wurden die Eclairs in Paris in einem Umluftherd gebacken, so dass ich dies auch daheim mit Erfolg beibehalten habe. Das man den Ofen während des Backens nicht öffnen sollte, wird aber weiterhin stimmen.

Zutaten (für etwa 12 Eclairs):
75 ml Halbfett-Milch
75 ml Wasser
70 g ungesalzene Butter
2,5 g Zucker
1 g Salz
85 g Mehl (bei mir 550er)
6 g Kakaopulver (kann durch Mehl ersetzt werden)
2-3 mittelgroße Eier (100-150g)

Zubereitung:
Den Backofen auf 180°C (Umluft) vorheizen.
Butter in Stückchen schneiden und in einen Stieltopf geben. Milch, Wasser, Zucker und Salz hinzugeben und auf heißer Flamme (etwa Einstellung 7 von 10) kräftig aufkochen – also geduldig abwarten bis sich die Flüssigkeit im Topf schaumig und kräftig erhebt.
Sobald die Mischung kocht, den Topf vom Herd ziehen (den Herd zunächst nicht aus- oder runterschalten) und das Mehl mit dem Kakaopulver gemeinsam reinschütten.
Nun am besten mit einem Holzlöffel kräftig rühren bis sich ein Teigklos bildet, der sich vom Topfrand löst. Den Topf zurück auf den Herd stellen und den Teig unter weiterem Rühren etwa 30 s trocknen: dieser Schritt heißt in deutscher Küchensprache zwar „Abbrennen“, da brennt aber nichts, im Englischen wird von Trocknen gesprochen, das scheint mir die Prozedur eher zu beschreiben. Nun den Herd ausschalten. Den Teig in eine Rührschüssel (am besten aus Metall) umfüllen und etwas abkühlen lassen.
Sobald vom Teig kein sichtbarer Dampf mehr aufsteigt, das erste Ei hinzufügen und unterrühren. Nicht erschrecken, es wirkt zunächst so als würden Teig und Ei sich nicht verbinden wollen.
Plötzlich wird die Mischung aber doch homogen. Dann das nächste Ei hinzufügen und unterrühren.
Nun führt man zwei Tests durch, um festzustellen ob bereits genug Ei im Teig und dieser somit fertig ist.
Test 1: Den Löffel gut gefüllt über der Schüssel in die Höhe bringen, dann halb umdrehen. Wenn der Teig in etwa 3 Sekunden schwer vom Löffel reisst/läuft/fällt, ist der Test bestanden und der Teig fertig. Wenn er länger am Löffel bleibt, braucht der Teig wohl noch mehr Ei (trotzdem erstmal Test 2 durchführen). Wenn er sich schneller vom Löffel löst, ist evtl. schon zu viel Ei im Teig.
Test 2: Mit einem sauberen Finger durch den Teig in der Schüssel einen tiefen Graben ziehen. Wenn er offen stehen bleibt, braucht der Teig noch mehr Ei. Wenn er sich in etwa 3 Sekunden weitgehend schließt ist der Teig fertig. Wenn der Graben sofort zuläuft oder gar nicht erst sichtbar ist, ist der Teig zu flüssig.
Wenn beide Tests nach mehr Ei verlangen: Ein Ei in einer Tasse oder kleinen Schüssel verschlagen (zum Beispiel mit einer Gabel). Die Hälfte des Eis zum Teig geben und unterrühren. Tests wiederholen. Bei gleichem Ergebnis die zweite Hälfte hinzufügen. So weiter verfahren bis beide Tests „bestanden“ werden. Es kann passieren, dass 3 Eier nicht reichen.
Wenn der Teig in beiden Tests zu flüssig ist, d.h. er läuft vom Löffel und es ist kein Graben zu ziehen, dann ist er laut meiner Kursleiterin bei Le Cordon Bleu nicht mehr zu retten. Man beginne von vorne. Mit zu flüssigem Teig würde das Gebäck auf dem Blech zerlaufen.
Wenn es so scheint, dass die Tests sich nicht einig sind, am besten beide nochmals wiederholen und überlegen welchem man eher traut.
Wenn der Teig „fertig“ ist, füllt man ihn in einen großen Spritzbeutel mit großer Sterntülle (10-12 mm). Man spritzt nun mit etwas Abstand etwa 12 cm lange Streifen (etwa die Länge einer Teigkarte) die etwa 2 cm dick sind (also doppelt so dick wie die Tüllenöffnung) auf ein mit Backpapier ausgelegtes Blech. Ein haushaltsübliches Blech hat gut Platz für etwa 12 solcher Eclairs. Die Teigreste kann man am Blechrand als Tupfen im Sinne von kleinen Windbeuteln dazugeben oder verwerfen. Da ich keine Heldin der optischen Präsentation bin und keine großen Erfahrungen in der Patisserie besitze, sind meine Eclairs weiterhin nicht gleichmäßig und wohl auch etwas zu klein, so dass ich meist etwa 18 auf meinem Blech habe. Auf dem Foto befindet sich die Ausbeute von der o.g. Portion dieses Rezeptes.
Wer Ölspray oder Butterspray besitzt, kann das Gebäck nun leicht damit besprühen: in Le Cordon Bleu wird das wohl seit etwa einem Jahrzehnt betrieben und unterrichtet, wer derlei nicht hat, lässt es wie ich sein.
Nun gibt man das Blech in die Mitte des Backofens, reduziert die Temperatur auf 160°C und backt die Eclairs für ca. 35 Minuten. Ich hab beim ersten Backen daheim nach 30 Minuten Panik bekommen und sie rausgenommen: die Eclairs waren dann innen noch etwas feucht, die nächsten Versuche mit 35 Minuten ergaben bessere Ergebnisse.
Die Eclairs auf einem Gitter gut auskühlen lassen. Und dann nach Belieben füllen: da der Teig neutral ist, sind auch herzhafte Füllungen möglich.
Der Brandteig hat zentral große Luftlöcher, die sich gut füllen lassen. Zum Füllen sticht man entweder 3 kleine Löcher (mit der Spritzbeutelspitze) in den Boden der Eclairs, oder man schneidet mit einem Sägemesser das oberste Drittel/Viertel als Deckel ab.
Die Füllungen für die Gianduja/Nougat-Eclairs wird es demnächst als eigenen Beitrag geben.
Die heutigen „Eclairs“ wurden untypisch zum Teil mit Erdnussbutter, zum Teil mit Frischkäse und Schinken verspeist.

guten Appetit!

Eine Antwort auf „Pâte à choux – Brandteig (für Eclairs)

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